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Mietminderung: Wer bezahlt bei Bedarf einen Gutachter?

Im Prozessrecht ist es so wie im praktischen Leben auch: Wer bestellt, bezahlt. Im Prozessrecht gilt der Grundsatz, dass derjenige, der ein Recht für sich beansprucht (z.B. Recht auf Minderung), alle Umstände darlegen und beweisen muss, aus denen er sein Recht begründet. Das Prozessrecht ist von einer Vielfalt strategischer Erwägungen geprägt. Diese bestimmen die Richtung. Es kommt darauf an, wer die Initiative ergreift und wer wen verklagt.

Die beweisbelastete Partei bezahlt den Gutachter

Behauptet der Mieter einen Mangel der Mietsache und mindert deshalb die Miete, kann er bereits außergerichtlich einen Gutachter beauftragen und versuchen nachzuweisen, dass der Vermieter für den Mangel verantwortlich ist. Die Kosten muss er zunächst aus der eigenen Tasche bezahlen. Stellt sich heraus, dass der Vermieter verantwortlich ist, erkennt dieser im Idealfall den Mietminderungsanspruch des Mieters an und sollte dann auch die Kosten des Gutachters erstatten.

Leugnet der Vermieter seine Verantwortung für den Mangel oder will er die Gutachterkosten nicht übernehmen, kann ihn der Mieter verklagen und beantragen, festzustellen, dass der Mietminderungsanspruch begründet ist (siehe auch: Brauche ich einen Anwalt und Streitwert bei einer Mietminderung). Gleichermaßen kann auch der Vermieter Klage erheben und beantragen, den Mieter zur Zahlung des einbehaltenen Minderungsbetrages zu verpflichten. Im Gerichtsverfahren kommt es dann darauf an, wer beweispflichtig ist und für seine Behauptungen die Beweislast trägt.

Beruft sich der Mieter weiterhin auf den Mangel, muss er im Gerichtsverfahren darlegen und beweisen, auf welchen Umständen der vorgetragene Mangel beruht. Sofern die Existenz des Mangels nur durch einen Sachverständigen bewiesen werden kann, muss der Mieter bei Bedarf einen Gutachter beauftragen und auch bezahlen.

Gutachter wird nur gegen Kostenvorschuss beauftragt

In Gerichtsverfahren genügt es, wenn er dazu als Beweismittel ein Sachverständigengutachten anbietet. Das Gericht wird dann einen geeigneten Sachverständigen auswählen und beauftragen, vorausgesetzt, der Mieter zahlt den für die Beauftragung des Gutachters notwendigen Kostenvorschuss.

Die Höhe des Kostenvorschusses bestimmt sich danach, welchen Aufwand der Gutachter betreiben muss, um die Ursache und die Auswirkungen des Mangels festzustellen. Ein Stundensatz von ci. 70 – 150 € ist je nach Qualifikation und Aufwand realistisch. Ist der Mieter rechtschutzversichert, übernimmt bei begründeten Erfolgsaussichten der Rechtschutzversicherer die anfallenden Kosten.

Soweit sich der Mangel bestätigt und der Mieter den Prozess gegen den Vermieter gewinnt, wird der Vermieter als unterlegene Partei verurteilt, auch die wegen der Prozessführung angefallenen notwendigen Kosten für den Gutachter zu bezahlen. Insoweit muss der Mieter wegen der Kosten des Gutachters nur in Vorlage treten und erhält den Kostenaufwand erstattet. Verliert der Mieter jedoch den Prozess, muss er neben den Verfahrenskosten auch die Kosten des Gutachters aus der eigenen Tasche bezahlen. Im Mietminderungsrecht ergeben sich aus diesen allgemeinen Erwägungen zusätzlich konkrete Ansätze.

Grundsätze zur Beweislastverteilung

In diesem Sinne muss der Mieter den Mangel der Mietsache immer beweisen (BGH WuM 1986, 58). Der Richter hat keine Pflicht zur Amtsermittlung, beispielsweise, dass bei der Errichtung des Gebäudes geltende Normen nicht eingehalten wurden (BGH NJW 2004, 1947).

Behauptet der Mieter einen Gesundheitsschaden infolge schadstoffbelasteter Bauteile, muss er konkret die Schäden und die einschlägigen Standards, Grenzwerte und Konzentrationen darlegen und nachweisen und den Nachweis gegebenenfalls durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens begründen oder unter Beweis stellen (LG Berlin NZM 1999, 614: Aspergillus).

Gelten Grenzwerte, muss der Mieter beweisen, dass diese überholt sind und nicht mehr dem heutigen Erkenntnisstand entsprechen (BGH ZMR 2006, 671). Beispiel: Hat der Mieter den Verdacht, dass das Trinkwasser bleibelastet ist und nicht mehr der geltenden Trinkwasserverordnung entspricht, muss er den Bleigehalt im Trinkwasser nachweisen. Dies kann er nur dadurch tun, dass er auf eigene Kosten ein Sachverständigengutachten beauftragt oder im Gerichtsverfahren die Bleibelastung behauptet und zum Beweis ein Sachverständigengutachten anbietet.

Steht die Höhe der angemessenen Mietminderung zur Debatte, ist es Sache des Richters durch Inaugenscheinnahme der Wohnung den angemessenen Mietminderungsbetrag zu schätzen oder in unklaren Fällen bei einem entsprechenden Beweisangebot des Mieters unter Heranziehung eines Sachverständigen die Mietminderung zu ermitteln (BGH WuM 1991, 779).

Besonders problematisch sind Fälle, in denen es um Feuchtigkeitsschäden (mit oder ohne Schimmelbildung) geht. Ein Mangel, der sowohl auf das Verhalten des Mieters (unzureichendes Lüften), als auch auf das Verhalten des Vermieters oder den baulichen Zustand der Mietsache zurückzuführen sein kann, führt dazu, dass die Beweislast nach den beiderseitigen Verantwortungsbereichen verteilt werden kann (BGH NJW 2000, 2344).

Hier ist die für Feuchtigkeitsschäden entwickelte Beweislastverteilung maßgebend (BGH ZMR 2006, 356 für Fogging). Insoweit ist der Vermieter verpflichtet, zu beweisen, dass die Ursache des Mangels nicht aus seinem Pflichten- und Verantwortungsbereich stammt und muss alle in seinen Verantwortungsbereich fallenden Ursachen ausräumen (bauliche Gegebenheiten). Er muss nachweisen, dass die Schadensverursachung infolge der unmittelbaren „Einflussnahme, Herrschaft und Obhut“ des Mieters eingetreten ist (fehlerhaftes Lüften, Heizen). Kann sich der Vermieter insoweit entlasten, muss wiederum der Mieter beweisen, dass der Mangel nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammt (BGH NJW 2000, 2344; NZM 2005, 17: Wasserschaden).

Fazit

Eine eindeutige Aussage darüber, wer letztlich und endgültig die Gutachterkosten trägt, ist gerade im Mietminderungsrecht sehr schwierig. Vorab ist festzustellen, dass derjenige, der sich auf einen Mangel beruft, auch den Gutachter bezahlen muss. Inwieweit die andere Partei diese Gutachterkosten später erstatten muss, ist eine Frage der Beweislasterteilung und des Ergebnisses der Gerichtsverhandlung.

Angesichts der durch einen Gutachter je nach Aufwand entstehenden Kosten, sind beide Parteien meist gut beraten, sich auf eine einvernehmliche Regelung zu verständigen. Eine solche ist immer günstiger, als wenn beide Parteien Zeit, Geld und Nerven in einen Prozess investieren müssen. Prozesse im Mietrecht führen für eine Partei in vielen Fällen zu einem reinen Phyrrussieg, also zu einer Situation, in der eine Partei den Prozess zwar gewinnt, aber selber ein blaues Auge davon trägt.

Eine Antwort auf "Mietminderung: Wer bezahlt bei Bedarf einen Gutachter?"

  • Markus Michalski
    11. Mai 2017 - 18:49 Antworten

    Seit einem Jahr werde ich durch von den Mietern über mir verursachten Lärm belästigt. Mit der Androhung von Mietminderung forderte ich den Vermieter zur Beseitigung des Mangels auf. Er schlug über seinen Anwalt die Klärung durch einen Gutachter vor und beauftragte auch diesen. Bei dem Ortstermin waren alle Beteiligten sehr erstaunt über das Ausmaß der Lärmbelästigung. Als Fazit kam ein Schreiben des Rechtsanwaltes, dass die Messungen des Gutachters keine relevanten Beeinträchtigungen mit resultierenden Mietminderungen darstellen. Die Herausgabe des Gutachtens wird verweigert.
    Ist das zulässig? Welche Möglichkeiten bieten sich an?
    Vielen dank im Voraus. Mit freundlichen Grüßen

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