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Schadensersatz für Wohnungsmieter im Rahmen einer Mietminderung

Zeigt sich in der Wohnung eines Mieters ein Mangel, begründet dieser, wenn er die Gebrauchstauglichkeit erheblich  beeinträchtigt, den Anspruch auf Mietminderung. Darüber hinaus gewährt das Gesetz dem Wohnungsmieter auch Schadensersatz. Die Voraussetzungen bestimmen §§ 536a, 536 b BGB.

Ausgangspunkt ist die Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter die Mietsache vertragsgemäß zu übergeben und ihm während der gesamten Mietzeit den vertragsgemäßen Gebrauch zu gewährleisten. Ist der Vermieter dazu nicht in der Lage, steht dem Mieter Schadensersatz zu. Das Gesetz bezeichneten drei Fallvarianten.

1. Variante:

Verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Vermieters bei anfänglichen Mängeln

In dieser Variante geht es darum, dass ein Mangel bereits bei Abschluss des Mietvertrages vorhanden ist. Der Vermieter vermietet dem Mieter dann eine Wohnung, die von vornherein mangelhaft ist. Das Gesetz bestimmt für diesen Fall die verschuldensunabhängige Haftung des Vermieters. Ihn trifft faktisch eine Garantiehaftung dafür, dass sich die Wohnung im vertragsgemäßen Zustand befindet, völlig unabhängig davon, ob er den Mangel zu vertreten hat oder nicht (BGH BGHZ 63, 335).

Der Mangel muss bei Einzug noch nicht in Erscheinung getreten sein. Es genügen latent anfängliche Mängel. Beispiele:  verborgene Baumängel (BGH NJW 1968, 804), Verschlechterung der Wohnqualität infolge konkret zu erwartender Straßenbauarbeiten (AG Gießen WuM 2000, 354).

Auch kommt es nicht darauf an, dass beide Parteien das Risiko nicht erkannt haben, ebenso wenig der Umstand, dass die Gebrauchstauglichkeit bei Einzug noch nicht beeinträchtigt war. Das Risiko für den Vermieter ist enorm. Zeigt sich der Mangel erst nach vielen Jahren, bleibt der Vermieter grundsätzlich in der Verantwortung. In einem Fall (BGH NJW 2010, 3152) löste sich ein in Kippstellung befindlicher Fensterflügel aus dem Rahmen und verletzte die Mieterin. Ursache war ein Konstruktionsmangel des Fensters, der schon vor Vertragsabschluss vorhanden war. Unbeachtlich blieb, dass sich der Mangel erst fünf Jahre nach Einzug realisierte.

Um diesem Risiko zu begegnen, kann der Vermieter, (möglichst individualvertraglich, also nicht unbedingt formularmäßig im Rahmen von AGB) seine verschuldensunabhängige Haftung einschränken oder auszuschließen (§ 536d BGB). Der Haftungsausschluss für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie für Personenschäden ist regelmäßig nicht möglich.

Die Verantwortung des Vermieters kann dann entfallen, wenn der Mieter die Mietsache jahrelang nutzt und die Nutzung erst durch eine nachträgliche, bei Mietvertragsabschluss noch nicht zu erwartende Änderung der bisherigen Rechtsprechung oder Ermessensentscheidung der Behörde begründet wird (BGH NJW 1977, 1285), zum Beispiel Verbot der Balkonnutzung infolge Baufälligkeit. Ebenso entfällt die Haftung, wenn der Mieter den Schaden überwiegend selbst verschuldet hat (LG Hamburg WuM 1999, 513: Lagerung von Antiquitäten in feuchten Kellerräumen).

Schadensersatz für Wohnungsmieter bei Ersatzwohnung

Erweist sich die Wohnung des Mieters infolge des Mangels als unbewohnbar, kann der Mieter auch fristlos kündigen. Der Kostenaufwand, den der Mieter für die Beschaffung einer Ersatzwohnung aufwenden muss, kann er dem Vermieter als Schadensersatz in Rechnung stellen (Umzugskosten, Maklerprovision). Allerdings ist der Vermieter nicht verpflichtet, dem Mieter eine Ersatzwohnung zu beschaffen.

Diese Haftung des Vermieters ist insbesondere auch dann begründet, wenn der Vermieter bei Vertragsabschluss einen ihm bekannten Mangel arglistig verschweigt. Dann handelt er im Grunde in betrügerischer Absicht und verleitet den Mieter zum Abschluss eines Mietvertrages, den dieser vielleicht nicht oder nur unter anderem Konditionen abgeschlossen hätte. Dann kann sich der Vermieter auch nicht auf einen eventuellen Haftungsausschluss berufen (§ 536d BGB).

2. Variante:

Haftung des Vermieters für zu vertretende Mängel während der Mietzeit

In der zweiten Variante des § 536a I Alt.2 BGB haftet der Vermieter auf Schadensersatz, wenn der Mangel nach Vertragsabschluss entsteht und er diesen Mangel verschuldet hat. Sein Verschulden wird vermutet, soweit er sich nicht entlasten kann.

Der Vermieter  handelt bereits schuldhaft, wenn er den Mangel erkennt oder erkennbare Mängel nicht beseitigt (LG Saarbrücken NZM 1999, 411). Insbesondere hat der Vermieter die schuldhafte Verletzung seiner Instandhaltungspflicht zu vertreten (OLG Düsseldorf ZMR 2002, 41: Schaden durch unsachgemäße Bauarbeiten).

Ferner ist der Vermieter im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht verpflichtet, während der Mietzeit die ihm zugänglichen Bereiche der Mietsache auf den vertragsgemäßen Zustand zu kontrollieren. So soll der Vermieter verpflichtet sein, elektrische Anlagen alle 4 Jahre und Fehlerstromschutzeinrichtung alle 6 Monate zu überprüfen (OLG Saarbrücken NJW 1993, 3077).

In Bezug auf die dem Mieter überlassene Mietsache darf der  Vermieter darauf vertrauen, dass der Mieter Mängel unverzüglich anzeigt (BGH NJW 1977, 1236: Gasexplosion aufgrund defekter Zündsicherung des Gasherdes). Unterlässt der Mieter die Anzeige, steht ihm kein Schadensersatz zu.

Dem Vermieter ist auch kein Vorwurf zu machen, soweit der Mangel auf anderweitig notwendige Maßnahmen zurückzuführen ist, beispielsweise dann, wenn während der Sanierung ein Gerüst erstellt und  Planen und Netze die Wohnung verdunkeln (OLG Düsseldorf NZM 2000, 282).

Ein Verschulden von Erfüllungsgehilfen wird dem Vermieter zugerechnet. Erfüllungsgehilfen sind die vom Vermieter zu einer Verrichtung bestellten Person (Handwerker, Hausmeister, Hausverwaltung). Verursachen diese schuldhaft einen Schaden zu Lasten des Mieters, haftet der Vermieter. Beispiel: Hausmeister klemmt mangels Kenntnis die Stromleitung ab, so dass die Tiefkühlware des Mieters auftaut).

3. Variante:

Schadensersatz des Vermieters bei Verzug mit der Mängelbeseitigung

In der dritten Alternative des § 536a I Alt.3 BGB gewährt das Gesetz dem Mieter einen Schadensersatzanspruch, wenn der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug ist.

Beispiel: Die Heizung ist ausgefallen, der Mieter friert. Lässt der Vermieter die Heizung nicht reparieren und muss sich der Mieter einen Elektroofen anschaffen, kann er einen dadurch bedingten höheren Stromverbrauch und die Beschaffungskosten unter Anrechnung eines Gebrauchsvorteils vom Vermieter ersetzt verlangen.

Voraussetzung dazu ist, dass der Mieter den Mangel angezeigt und den Vermieter unter Fristsetzung in Verzug gesetzt hat. Allein mit der Anzeige des Mangels kommt der Vermieter noch nicht in Verzug. Vielmehr muss der Mieter dem Vermieter eine angemessene Frist zur Beseitigung setzen. Die Mahnung muss sich aufgrund ihrer Warnfunktion eindeutig von der bloßen Mängelanzeige unterscheiden und klar erkennen lassen, welche Mängel der Vermieter beseitigen soll. Die Mahnung ist entbehrlich, wenn der Vermieter jegliche Abhilfe verweigert oder diese unmöglich ist.

Kenntnis des Mieters

Kannte der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages den Mangel, stehen ihm weder Minderung noch Schadensersatz zu. Hatte er den Mangel grob fahrlässig nicht erkannt, hat er nur Anspruch auf Minderung oder Schadensersatz, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 536b BGB).

Zieht der Mieter in Kenntnis der Situation in die Wohnung ein, muss er sich seine Rechte auf Minderung und Schadensersatz ausdrücklich, am besten im Übergabeprotokoll vorbehalten.

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