Ist die Wohnung mangelhaft (Heizung funktioniert nicht, Nachbar lärmt, Baugerüst verdunkelt die Fenster), wird der Mieter im vertragsgemäßen Gebrauch seiner Wohnung beeinträchtigt. Dann kann er nach dem Gesetz die Miete mindern. Doch das ist leichter gesagt als getan. Ist die Mietminderung unbegründet oder überzogen, kann sie durchaus zum Kündigungsgrund werden.
Ausgangspunkt ist nämlich, dass jede „Mietminderung angemessen“ sein muss (§ 536 I Satz 2 BGB). Das Gesetz überträgt dem Mieter die Aufgabe, die Minderungsquote so zu beziffern, dass sie den Gegebenheiten entspricht. Über diesen Punkt lässt sich meist trefflich streiten. Nicht immer ist der Vermieter mit der bezifferten Minderungsquote einverstanden. Dann steht Einschätzung gegen Einschätzung.
Schätzt der Mieter die Minderungsquote überhöht ein, ist sie nicht mehr angemessen. Dann zahlt er zu wenig Miete und gerät in Zahlungsverzug. In der Konsequenz berechtigt der Zahlungsverzug den Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses. Das Mietrecht formuliert den sich ergebenden Kündigungsgrund in mehreren Varianten.
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Als Kündigungsgrund kommt in Betracht
a. Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
Der Vermieter kann das Mietverhältnis grundsätzlich fristlos kündigen, wenn der Mieter mit mehr als 2 Mieten im Rückstand ist. Details regelt das Gesetz in
b. Ordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist
Außerdem kann der Vermieter das Mietverhältnis ordentlich kündigen. Dafür genügt als Kündigungsgrund, dass der Mieter mit nur einer Monatsmiete in Verzug ist! Dann kann der Vermieter das Mietverhältnis mit der normalen gesetzlichen Frist von 3 Monaten auflösen.
Mietminderung muss plausibel sein
Um das Risiko der Kündigung möglichst gering zu halten, sollten die Partei idealerweise eine einvernehmliche Regelung verhandeln. Dabei sollten beide Parteien ihre Einschätzung am Grundsatz der Plausibilität überprüfen. Alles was plausibel, nachvollziehbar und objektiv begründet erscheint, ist angemessen. Überzogene Forderungen aus Sicht des Mieters sind ebenso destruktiv wie Einschätzungen des Vermieters, die die Ernsthaftigkeit der Situation leugnen oder verharmlosen.
Nur Verschulden begründet Zahlungsverzug
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt allerdings jede und somit auch die leichte Fahrlässigkeit, um den Verzug zu begründen (BGH Urt. v. 11.07. 2012 − VIII ZR 138/11). Hätte der Mieter also bei „Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ erkennen können, dass seine Mietminderungsforderung überzogen ist oder dass der Mangel durch ihn mitverursacht wurde oder aus seiner Einflusssphäre stammt, darf er die Miete nicht oder nicht in dem Maße mindern.
Auf die Einschätzung, die Minderungsquote sei „offensichtlich unberechtigt und unangemessen“, kommt es nicht an.
Gegenseitige Rücksichtnahme erlaubt interessenorientierte Lösungen
Ein Mieter ist also gut beraten, die Situation nach Möglichkeit objektiv einzuschätzen und vor allem emotionale Aspekte auszuklammern. Je nach Situation sollte er berücksichtigen, dass auch der Vermieter nicht immer Einfluss auf die Entstehung eines Mangels hat und im Regelfall bemüht sein dürfte, die Situation schnellstmöglich zu bereinigen. Dazu muss er natürlich auch die Chance bekommen. Insofern ist der Mieter zur Mängelanzeige verpflichtet.
Umgekehrt muss der Vermieter eine Mängelanzeige seines Mieters ernst nehmen und sollte diese nicht verharmlosen. Schließlich zahlt der Mieter Miete und darf dafür eine angemessene Gegenleistung erwarten.
Einerseits darf der Mieter eine Mietminderung nicht zum Mietsparmodell missbrauchen, andererseits darf der Vermieter den Mieter nicht mit einer unangemessenen Mietzahlung abzocken.
Um das Risiko der Kündigung zu reduzieren, empfiehlt es sich, dass der Mieter zwar die gesamte Miete, aber nur unter Vorbehalt der Mietminderung zahlt oder die Minderungsquote im unteren möglichen Bereich festsetzt und sich eine darüber hinausgehende Mietminderung vorbehält.
Zugleich kann er seine Verhandlungsposition verbessern, wenn er einen Sachverständigen beauftragt, der die Situation in ihrer Tragweite aus neutraler Sicht feststellen soll. Auf der Grundlage dieses Gutachtens lässt sich der Vermieter eher überzeugen.
In schwierigen Fällen kommt auch der Antrag beim Gericht auf ein Beweissicherungsverfahren in Betracht. Dann beauftragt das Gericht selbst einen Sachverständigen. Dieses Gutachten ist später Grundlage für eine gerichtliche Ausnahmebesetzung. Es hat vornehmlich den Zweck, die Situation zu erfassen und Beweise zu sichern.
Ungeachtet dessen, sollte der Mieter die Gegebenheiten vor Ort fotografieren und neutrale Dritte als Zeugen einbeziehen.
Außerdem sollte der Vermieter sich die Situation vor Ort möglichst persönlich anschauen und sich selbst ein Bild machen. Dann wissen beide Parteien, um was es tatsächlich geht. Gibt es keine Einigung, bleibt oft nur der leidvolle Weg zum Gericht.
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