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Mietminderung: Hamburger Tabelle

Die Berechnung einer angemessenen Mietminderung ist zwar keine Kunst, sollte aber auf einer nachvollziehbaren Grundlage erfolgen. Das Gesetz gibt lediglich die Vorgabe, dass die Mietminderung angemessen sein soll.

Was angemessen ist, sagt das Gesetz nicht und überlässt die Bestimmung einer Mietminderungsquote zunächst der Einschätzung des Mieters. Akzeptiert der Vermieter diese Einschätzung nicht, muss letztlich ein Gericht über die Angemessenheit einer Mietminderung entscheiden.

Da die Gerichte das gleiche Problem haben, wurde immer wieder versucht, Formeln zu finden, nach denen eine Mietminderung berechnet werden kann. Da sich Recht aber nicht in eine Formel fassen lässt, sind derartige Versuche immer wieder gescheitert.

Gesetzliche Vorgaben haben sich als unpraktikabel erwiesen

Beispielsweise hat der Gesetzgeber die ursprünglich in § 472 BGB vorgesehene Formel zur Berechnung des Minderwerts einer mangelhaften Kaufsache im Gesetzbuch wieder gestrichen. Auch im Mietrecht wurde ursprünglich auf diese Vorschrift verwiesen. Der Gesetzgeber hat im Zuge der Mietrechtsreform den Verweis auf diese Berechnungsformel durch den Begriff der „angemessen herabgesetzten Miete“ ersetzt.

Das LG Hamburg versuchte sich in Pionierarbeit

Unabhängig davon hatte das Landgericht Hamburg versucht, zur Berechnung der Mietminderung allgemein gültige Regeln zu erstellen. In einer Entscheidung vom 24. Mai 1983 (Az. 16 S 332/82 s. WuM 1983, 290) berief sich das LG Hamburg auf eine von einem Sachverständigen Kamphausen entwickelte Methode.

Die Entscheidung wurde in der Rechtspraxis als „Hamburger Tabelle“ publiziert. Allerdings ist diese Tabelle in der richterlichen Praxis letztlich kaum zur Anwendung gekommen. Dabei wird ihr teils immer wieder eine Bedeutung zugesprochen, die sie eigentlich gar nicht hat und auch nicht haben kann. Vor allem geht sie selbst von so vielen Prämissen aus und erfordert ein Unmaß an Rechenarbeit, dass sie in der Rechtspraxis zum Scheitern verurteilt ist.

Der Begriff “Hamburger Tabelle“ ist insoweit irreführend, als damit nur versucht wird, eine Berechnungsformel vorzugeben. Sie enthält aber keine beispielhaft aufgezählten oder gesammelten Entscheidungen anderer Gerichte in vergleichbaren Fällen. Diese Tabelle ist also keine Mietminderungstabelle und dient für den eigenen Fall eben nicht als Orientierungsmaßstab in vergleichbaren Fällen.

So ist die Hamburger Tabelle zu verstehen

Anlass für die Tabelle war, dass im Verfahren die Mehrzahl der Räume mängelbehaftet war und diese Mängel gegeneinander abzuwägen waren. In diesem Fall hielt es das Gericht für zweckmäßig, den Wohnwert der Räumlichkeiten in Abhängigkeit von Größe und normaler Nutzung ins Verhältnis zum Mietzins zu setzen und daraus die Minderungsquote zu bestimmen.

Das LG Hamburg setzte den Wohnwert unterschiedlicher Räume wie folgt fest. Dabei war im konkreten Fall von einer Bruttomiete von 444,83 DM auszugehen.

RaumWohnwertMietanteilMietminderungsquoteMinderwert
Wohnzimmer

28%

124,83

12%

15,00

Arbeitszimmer

20%

89,00

8%

7,00

Schlafzimmer

12%

53,00

0%

0,00

Küche

10%

45,00

0%

0,00

Bad

10%

44,00

12%

6,50

Abstellräume

07%

31,00

0%

0,00

2. WC im Keller

03%

13,00

100%

13,00

Dachbalkon

10%

45,00

33,3%

15,00

100%

444,83

56,00

(Quelle: LG Hamburg WuM 1983, 290)

Bei der angegebenen Bruttomiete von 444,83 DM ergab sich für das Wohnzimmer (Wohnwert 28 %) eine Minderungsquote von 12 % und somit ein konkreter Minderungsbetrag von 15.00 DM. Das Bad (Wohnwert 10 %) wurde bei einem Mietanteil von 44,00 DM mit einer Minderungsquote von 12 % = 6,50 DM bewertet.

Ohne eine Gesamtbewertung gibt es kein vernünftiges Ergebnis

Das LG Hamburg wies allerdings selbst darauf hin, dass die Gesamtbewertung nicht außer Acht gelassen werden dürfe, da es darum geht, die Leistung beider Parteien in eine neue, dem Mindergebrauch entsprechende Beziehung zu setzen. Auch den Richtern war offensichtlich klar, dass es sich dabei um einen Bewertungsvorgang handelt, für den es keine allgemein gültigen Regeln gibt.

Deshalb könne die beschriebene Methode nur dazu genutzt werden, den Bewertungsvorgang möglichst zu objektivieren. Keinesfalls dürfe man die Wohnwertminderung einzelner Räume einfach addieren. In einer Gesamtbewertung gelte es, zu verhindern, dass die Vielzahl kleinerer Mängel ein zu starkes Gewicht erhalten oder ein wesentlicher Mangel eines Raums nicht in seinem Bezug zur ganzen Wohnung bewertet wird.

Beispiel: Ist im Wohnzimmer die Heizung ausgefallen, so wird nur für dieses Zimmer eine Minderungsquote ermittelt. Daraus ergibt sich das Problem, dass diese Minderungsquote erst subjektiv geschätzt werden muss, ohne dass es dafür irgendwelche objektiven Maßstäbe gibt. Ergibt sich eine Schätzung von 50 % Minderung, schlägt der Heizungsausfall im Wohnzimmer im obigen Beispiel mit 62,42 DM zu Buche. Ist zusätzlich auch noch das Schlafzimmer betroffen, erhöht sich der Minderungsanteil entsprechend der dafür maßgeblichen Minderungsquote.

Jede Formel hat ihre Prämissen

Das Gericht wies auch darauf hin, dass bei einer anderen Raumaufteilung innerhalb der Wohnung oder einer unterschiedlichen Nutzung oder bei kleineren Wohnungen andere Prozentsätze maßgebend sein können.

Im Rahmen der Gesamtbewertung der örtlichen Gegebenheiten müsse auch berücksichtigt werden, ob und inwieweit der Mangel in einem Raum anderweitig durch eine verstärkte Nutzung anderer Räume ausgeglichen werden kann. Im Streitfall muss die Beurteilung der Höhe der Mietminderung durch ein Sachverständigengutachten festgestellt werden. Dabei hilft auch keine Formel oder Tabelle.

Wer also eine angemessene Mietminderung feststellen möchte, muss sich an dem orientieren, was die Rechtsprechung im Bereich des Mietminderungsrechts bis heute entwickelt und vorgegeben hat.

8 Antworten auf "Mietminderung: Hamburger Tabelle"

  • Hans Liffers
    5. Dezember 2020 - 19:37 Antworten

    Habe im Schlafzimmer einen Wasserschaden ,wegen einem Trockner konnte das Zimmer 4 Wochen nicht benutzt werden. Auf der Rückseite der Wand in der Küche wurden die Wandschränke abgehängt und auch hier steht jetzt 3 Wochen ein Trockengerät.Das Schlafzimmer ist nicht benutzbar und die Küche wegen dem starken Trockengeräusch auch nicht. Wie kann ich eine Mietminderung für jeden Raum ansetzen. Die Warmmiete beträgt 590.00 €.
    Danke für eine Rückantwort.
    Mit freundlichen.Gruß
    Hans liffers

    • Mietminderung.org
      7. Dezember 2020 - 09:34 Antworten

      Hallo Hans,

      ich kann Ihnen hier leider keinen festen Prozentsatz für Ihre Mietminderung nennen. Recherchieren Sie nach Urteilen und leiten Sie darauf einen angemessen Prozentsatz für die Mietminderung ab.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

  • Christof Preiß
    23. Februar 2023 - 21:22 Antworten

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    die Warmwasserversorgung in meiner Wohnung war seit dem 17.01.23 unter 40°C. Diesen Mangel habe ich am selben Tag schriftlich per e-mail bei der Wohnungsverwaltung angemeldet. Diese hat sich am Folgetag schritflich per e-mail gemeldet und mitgeteilt, dass eine Fachfirma zur Beseitigung des Mangels beauftragt worden sei. Letztendlich konnte der Mangel aber erst am 15.02.23 abschließend beseitigt werden. Ich habe daher für die Kalendertage 17.01.23 – 31.01.23 die Bruttomiete um 10% (gemäß Mietmiderungstabellen und Rechtsprechungen) gemindert bzw. mit der Vorausszahlung der Miete für Februar 2023 einbehalten. Dies habe ich ebenfalls im Vorfeld bei der Wohnungsverwaltung schritflich angekündigt. Nun habe ich eine Zahlungserinnerung per Post für den Differenzbetrag erhalten, nebst Hinweis, dass für den Vermieter aufgrund einer wiederkehrenden Zahlung zum festen Zeitpunkt keine Mahnpflicht besteht. Muss ich der Zahlungserinnerung nachkommen, trotz berechtigter Mietminderung und bin ich darüberhinaus berechtigt die Mietmindeurng für die Kalendertage 01.02.23 – 15.02.23 vorzunehmen? Und genügt eine Stellungnhame zur Zahlungserinnerung an den im Anschreiben genannten Ansprechpartner (der selbe, bei dem ich den Mangel angezeigt habe) per e-mail, wonach ich erneut erläutert habe eine berechtigte Mietmidnerung nach §536 BGB vorgenommen habe?
    Herzliche Grüße

    • Mietminderung.org
      24. Februar 2023 - 07:01 Antworten

      Hallo Christof,

      danke für Ihren Beitrag. Ich kenne natürlich nicht die genaue Wassertemperatur – aber, eine Mietminderung bei wenigen Grad-Temperaturdifferenz kann man durchziehen, muss man aber vielleicht nicht.

      Sofern die Minderung gerechtfertigt ist, sehe ich keinen Grund für die Zahlung. Dazu sollten Sie entsprechend Stellung nehmen. Ob Ihre Mietminderung rechtlich auf sicheren Beiden steht, kann ich leider nicht beurteilen.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

  • Dipl.-Ing. Peter-Andreas Kamphausen
    3. Oktober 2023 - 11:30 Antworten

    So lobenswert es ist, dass sich der vorstehende Beitrag um Erläuterungen zur Findung angemessener Mietminderungen bemüht, bedarf er dennoch in einigen wesentlichen Punkten der Klarstellung:

    (1) Das von mir vor nunmehr 40 Jahren entwickelte sog. “Mietminderungsverfahren” hat nicht das Geringste mit einer “Formel” oder “Berechnung” zu tun. Es handelt sich um einen Anwendungsfall der in der Bewertungswissenschaft anerkannten Nutzwertanalyse und der darauf aufbauenden Zielbaummethode, somit um ein außerjuristisches Bewertungsverfahren zur Klärung von Tat- und nicht von Rechtsfragen. Die Tatfrage lautet: wie groß sind die durch Mängel der konkreten Mietsache (somit: z.B. nicht “irgendeiner” Wohnung, sondern DIESER) im Einzelfall eingetretenen Beeinträchtigungen und die daraus resultierenden Wohn- bzw. Nutzwertminderungen? Beurteilt wird somit nicht die Rechtsfrage: welche Mietminderung ist “angemessen”?
    (2) Das Bewertungsverfahren ist in erster Linie für die Praxis der mit der Begutachtung von Mängeln an Mietsachen betrauten Bau- und Wohnungssachverständigen entwickelt worden und in den letzten Jahrzehnten in zahllosen gerichtlichen und außergerichtlichen Fällen erfolgreich und überzeugend angewandt worden, im Übrigen auch von Gerichten, die sich mit den Bewertungsgrundlagen vertraut gemacht haben.
    (3) Bei der Verfahrensanwendung geht es darum, Bewertungsentscheidungen innerhalb einer in Einzelkomponenten aufgeschlüsselten Verfahrensmethodik transparent und nachprüfbar und damit ggf. – z.B. von einem Gericht – auch korrigierbar zu machen. Die einzelnen Bewertungsansätze unterliegen einem Begründungszwang, d.h. es sind Ausführungen z.B. zum Ansatz raumbezogener Wertminderungsfaktoren erforderlich sowie – dies stellt der Beitrag richtig dar – eine abschließende Gesamtbewertung des Bewertungsobjektes. Gerade dadurch werden die gefundenen Ergebnisse aus dem Bereich subjektiv-verborgener Schätzungen (z.B. solcher pauschal nach § 287 ZPO durch die Gerichte) herausgehoben.
    (4) In der Praxis sind durchaus komplexe und aufwendigere Bewertungsvorgänge möglich. Dies betrifft allerdings durchweg nur Gewerbeobjekte und gerade nicht übliche Wohnungen. Hierfür ist der Bewertungsaufwand z.B. für einen kundigen Sachverständigen, der ohnehin die Mängel zu begutachten hat, in aller Regel nur gering und gemessen am Erkenntnisgewinn für die Beteiligten allemal angemessen.

    • Mietminderung.org
      6. Oktober 2023 - 19:31 Antworten

      Hallo Herr Kamphausen,

      herzlichen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Klarstellungen an dieser Stelle.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

  • Sophie Becker
    15. März 2024 - 12:00 Antworten

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    am 20.12.23 wurde in meiner Wohnung ein Fehlalarm durch einen defekten Feuermelder ausgelöst, wodurch die Feuerwehr meine Wohnung aufgebrochen und die Tür komplett demoliert hat. Seitdem ist ein Notschloss eingebaut und die Tür öffnet und schließt nicht ordnungsgemäß, was mich egelmäßig in Panik verfallen lässt, weil ich sie nicht öffnen kann. Am 20.1.24 hatte ich dann zusätzlich einen Wasserschaden an der äußeren Hauswand, wo durch ein defektes Regen-Abwasserrohr Wasser direkt in meine Wand
    und von da aus in mein Wohnzimmer gelaufen ist. Der Schaden entstand samstag morgens und ich musste bis montags auf eine Reparatur warten. Das Wasser hat aufgehört zu laufen, aber seitdem habe ich zwei Löcher in der Wand, die bisher nicht repariert wurden, weil meine Wand komplett durchfeuchtet ist. Was natürlich auch zu einem unangenehmen Raumklima und einer Temperatursenkung von 3 Grad, bei gleicher Heizleistung führt. Demnächst sollen Trocknungsgeräte von einer Firma aufgestellt werden. Ich habe die Hausverwaltung bereits zweimal um eine Mietminderung gebeten, einmal davon auch eine Frist gesetzt und bis dato nichts gehört. Was kann ich tun? Und mit welcher Höhe der Mietminderung kann ich rechnen?

    • Mietminderung.org
      15. März 2024 - 18:07 Antworten

      Hallo Sophie,

      im Idealfall können Sie sich einvernehmlich mit der Hausverwaltung auf eine Mietminderung einigen. Sie müssen diese allerdings nicht beantragen oder einvernehmlich festlegen, sondern müssen diese durchsetzen. Hierfür ist es wichtig, dass Sie die angemessene Höhe recherchieren. Orientieren Sie sich an Rechtsprechung von ähnlichen fällen und leiten Sie die Höhe für Ihre Mietminderung ab.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

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